Mit seinen über fast anderthalb Jahrhunderte hinweg erschienenen mehr als 50 Ausgaben und seinen insgesamt nahezu 1600 Texten und rund 600 Melodien wurde das weit über die deutschen, ja europäischen Grenzen hinaus verbreitete „Hallische Gesangbuch“ nicht nur zur einflussreichsten pietistischen Liedsammlung, sondern – neben der als „Berlinisches Gesangbuch“ bezeichneten, von Freylinghausen kräftig rezipierten PRAXIS PIETATIS MELICA von Johann Crüger – zu einer der erfolgreichsten in der Gesangbuchgeschichte überhaupt. Von Anfang an „Gedruckt und verlegt im Wäysenhause“, war das schätzungsweise in mehr als 150.000 Exemplaren produzierte Werk „ein Bestseller im Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses zu Halle“, sodass man bei diesem tatsächlich von „einem pietistischen Volksgesangbuch“ sprechen kann. Die Entwicklung hin zu einem solchen verdankte sich dem Umstand, dass Freylinghausen Zeugnisse jüngsten „geist = reichen“ Gesangs in die bis dahin fast 200-jährige Tradition des deutschen evangelischen Liedes eingebettet und so, im Unterschied zu anderen pietistischen Gesangbuchherausgebern, ein breites, nicht bloß auf fromme Zirkel beschränktes Publikum angesprochen hat. Von ebendieser Vielschichtigkeit und Vielfalt des Werkes versucht unsere Auswahl von 24 Liedern einen Eindruck zu vermitteln und so zur Wiederentdeckung des von Freylinghausen zusammengetragenen reichen Schatzes an geistlichem Sangesgut anzuregen.
Wolfgang Miersemann (aus dem Nachwort)