Die vorliegende Magnificat-Vertonung ist als kompletter handschriftlicher Stimmensatz in der Düben-Sammlung der Universitätsbibliothek Uppsala anonym überliefert. Gustav Düben (1628-1690) begann spätestens mit seiner Anstellung als Organist und Kapellmeister am schwedischen Hof in Stockholm 1660 eine umfangreiche Sammlung von über 2000 Instrumental- und Vokalkompositionen seiner Zeit anzulegen. Die zusammengetragenen Abschriften und Drucke erwarb er zum Teil auf seinen eigenen Reisen durch Mitteleuropa, erhielt aber auch durch umfassende internationale Korrespondenz Vorlagen, die nach dem Kopieren zurückgeschickt wurden. [...] Die später von Dübens Söhnen weitergeführte Sammlung gilt heute als eine der umfassendsten und bedeutendsten Quellen zur europäischen Musik des 17. und frühen 18. Jahrhunderts und gibt zugleich ein eindrucksvolles Bild von der stilistischen Vielfalt und internationalen kulturellen Vernetzung dieser Zeit. Bruno Grusnick konnte anhand der Tintennummern, die Düben zur Katalogisierung auf den Titelblättern der geistlichen Vokalwerke verzeichnete, nachweisen, dass das vorliegende Magnificat mit der Nummer 410 im Jahr 1671 in die Sammlung aufgenommen wurde und mithin zu einem früheren Zeitpunkt komponiert worden sein muss. [...]
Die stilistische Anlage des Stückes weist in ihrer unverhohlenen Terzenseligkeit eher in den süddeutschen oder alpenländischen Raum und speziell die Verwendung der zwei konzertierenden, hoch gesetzten Posaunen in Altlage, die meist parallel in Terzen oder Sexten geführt sind und sich nur gelegentlich kurz imitatorisch aufspalten, könnte ein Indiz für die Herkunft des Stückes aus dem Umfeld des habsburgischen Hofes in Wien sein. Bei dem späteren Vizekapellmeister des Wiener Hofes Antonio Caldara (1670-1736) etwa ist sowohl in der Kirchenmusik (z.B. Stabat mater) als auch in verschiedenen Arien aus Opern und Oratorien eine sehr ähnliche Besetzung und Handhabung der Posaunen anzutreffen. [...]
Es handelt sich zweifellos um eine lohnenswerte, virtuose Magnificat-Vertonung, die gerade durch die satten klanglichen Möglichkeiten ihrer ungewöhnlichen Besetzung besticht.
Aus dem Vorwort von Carl-Philipp Kaptain