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om144 / Band 3
Georg Gebel (1709–1753)
Erzählet, ihr Himmel, die göttlichen Werke! (Rudolstadt 1748)
Neujahrsoratorium
für Soli und Chor (SATB), 2 Trp, 2 Cor, 2 Ob, Str und Bc
Herausgegeben von Boje E. Hans Schmuhl
In Verbindung mit Ute Omonsky und Bert Siegmund
Bandbearbeiter: Bert Siegmund
 
om144
Ausgaben*

Noch mehr als das Weihnachtsoratorium ist die Musikalische Andacht Auf den Heiligen Neujahrs-Abend auf eine den Bibeltext zum Ausgang nehmende Kontemplation der Gemeinde gerichtet. Entsprechend konzentrierter verfolgt Gebel in vier Abschnitten seine von Bibeltextvertonung – Rezitativ – Aria – Choral charakterisierte Binnenstruktur, hier nun das in festlicher Erzählung die göttlichen Werke lobpreisende „Exordium“ des Oratoriums Erzählet, ihr Himmel, die göttlichen Werke! (Nr. 1) sogleich in den ersten und die oratorische "Conclusio" (Nr. 15, 16) in den letzten Teil integrierend.

Die im Accompagnato oder Chor rezitierten Bibelworte zum letzten Tag des Jahres hebt Gebel vom de-tempore-Gedanken zu einem generellen Gotteslob: In den Accompagnati (in Nr. 2, 13) führt er sie kurz aus, mit Streichern kammermusikalisch begleitet und tonmalerisch unterstrichen. Gewicht verleiht er ihnen in den beiden mittleren Chören – dem durch Hörner und Oboen warm glänzenden Chor „Danket dem Herrn“ (Nr. 5), dessen pointierte Fuge im Werkverlauf zu einem Höhepunkt führt, und dem aus verhaltener Dominantspannung ausbrechenden trompetenbegleiteten Tuttisatz „Wünschet Jerusalem Glück“ (Nr. 9).

Die madrigalischen Rezitative (Nr. 2, 6, 10, 13) suchen wiederum den Zuhörer erbauend zu erreichen. Durch ein Arioso hervorgehoben wird mit einem persönlichen, aber tendenziell allgemeingültigen Bekenntnis zur folgenden Arie geführt.

Die betrachtenden, stets instrumental eingeleiteten Arien zeichnet Gebel durch charaktervoll einnehmende melodische Sätze aus. So lebt die Bass-Arie „Fliehe nur, gemessne Zeit“ (Nr. 3) von – augenscheinlich vor dem Basso continuo – „fliehenden“ Sechzehnteln der ersten Violinen und den kontrapunktierenden oder kontrastierenden „Ewigkeits“-Vierteln des Vokalisten; in dem Duetto „Herzensdank ist ein Magnet“ (Nr. 7) forcieren auf unbetonter Zählzeit eingeflochtene kleinere Notenwerte den Ausdruck tänzelnd wiegender Leidenschaft. Mit feinnerviger Transparenz löst der Basso continuo „piano staccato sempre“ die Betrachtung des „Tenores Gebet kann Gottes Majestät“ (Nr. 11) aus, dessen kantable Innigkeit von einem auf hohem Ton verweilenden und dann in einem Sekundintervall abfallenden Motiv getragen wird. Und die Alt-Arie „Neue Stadt, ach komm, du Schöne!“ (Nr. 14) erfährt ihre charmante Süße durch eine synkopisch betonte, teilweise triolenbewegte Galanterie.

In den Chorälen finden die abschnittsweise behandelten Themen Vergänglichkeit, Dankbarkeit gegenüber Gott und Bitte um einen neuen, von Sünden freien Lebenslauf ihre Synthese – die Betrachtung der Endlichkeit mit der letzten Strophe des populären Liedes „Ach wie nichtig, ach wie flüchtig“ (Nr. 4, Michael Franck 1652 / Melodie nach Johann Crüger 1661) und Dank, Gebet und Glaubensgewissheit mit je einer Strophe des Liedes „Nun danket alle Gott“ (Nr. 8, 12, 16, Martin Rinckart 1636 / Johann Crüger 1648). Gebel nutzt so die dichterische Kraft der Theologen des 17. Jahrhunderts, verleiht ihr Aktualität und verknüpft die sächsisch-thüringische Tradition der sprachgebundenen lutherischen Kirchenmusik mit der orchestralen bekennend-erbaulichen Kirchenmusik des 18. Jahrhunderts. Mit dem Choral „Hierauf so sprechen wir“ endet zugleich diese „Musicalische Andacht“. Der Schluss-Chor (Nr. 15) an vorletzter Position beschreibt das „flehendliche“ Begehren der Christenheit durch Zurücknahme aus dem vollen, festlichen Orchesterklang. Der letzte Choral enthält das zuversichtliche Glaubensbekenntnis der Gemeinde.

(aus dem Vorwort von Ute Omonsky)

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