Das Musikleben an den vielen Dutzend größeren und kleineren Fürstenhöfen im Deutschland des 17. bis 19. Jahrhunderts klingt zum Teil heute noch nach. Einerseits durch die immer noch, freilich unter anderem Namen, bestehenden Hoforchester und die vielen barocken und klassizistischen Theaterbauten, andererseits durch die zahlreichen, in Hofbibliotheken teilweise sehr gut erhaltenen Kompositionen, die an diesen Höfen und für diese von eigens engagierten Komponisten, Kapellmeistern oder Instrumentalsolisten geschrieben wurden. Auch die Herzöge von Mecklenburg-Schwerin leisteten sich über viele Jahrzehnte hinweg nicht nur ein eigenes, für die Zeit durchaus umfangreiches Orchester, sondern verpflichteten auch weithin bekannte Hofkomponisten wie zuletzt, am Ende des 18. Jahrhunderts, Antonio Rosetti. Dessen Vorgänger im Amt war über zwei Jahrzehnte Carl August Friedrich Westenholtz, der am zu Beginn seiner Amtszeit nach Ludwigslust verlegten Hof vor allem geistliche Musik zu schreiben und aufzuführen hatte. Eines seiner raren Instrumentalwerke liegt jetzt im Rahmen einer Reihe mit Musik des Ludwigsluster Hofs aus dem Ortus-Verlag vor.
Das Konzert für Violoncello, Streicher und Generalbass von Carl August Friedrich Westenholtz ist kein Virtuosenwerk, sondern viel eher eine Streichersinfonie mit obligatem Cello. Dabei darf sich das Soloinstrument zwar ab und zu aus den Begleitstimmen herauslösen, dann aber eher klanglich als hinsichtlich der Stimmführung. Über weite Strecken wird die Solostimme außerhalb der Tutti-Blöcke von den ersten Violinen sekundiert. Etwas längere gesangliche Abschnitte darf das „Violoncello obligato“ im langsamen Satz gestalten. Nicht nur im entsprechend bezeichneten Finalsatz bietet der Komponist klanglich eher pastorale Stimmungen auf, die schon durch die Tempowahl (es fehlt ein wirklich rascher Abschnitt) nahegelegt werden. Man mag dabei aus den gesanglich angelegten Ritornellen insbesondere des Einleitungssatzes Anklänge an Westenholtz’ Hauptaufgabe, die Gestaltung der geistlichen Musik am Hof, heraushören.
Partitur und Stimmen haben Karl Heller und Stefan Fischer sauber aufgearbeitet – ein Urteil, das um so mehr Bestand hat, wenn man sich die abgebildeten Seiten aus den in Brüssel aufbewahrten Originalstimmen anschaut. Und die Herausgabe dieses Nischenwerks eines weithin unbekannten Komponisten dürfte zudem mehr als nur musikwissenschaftlich interessant sein, ist doch das auch für versierte Laien leicht erschließbare Repertoire für Violoncello und Orchester aus dem späten 18. Jahrhundert sehr überschaubar.
(Rezension in: Das Orchester 12/2011, Seite 74; von Daniel Knödler)