Der Hamburger Stadtkantor Thomas Selle (1599–1663) hat den größten Teil seiner geistlichen Werke in der handschriftlichen Sammlung „Opera omnia“ hinterlassen, die in sieben Teilen 276 Kompositionen enthält. Die ersten vier Teile sind Kompositionen über lateinische Texte, die weiteren drei über deutsche, wobei der letzte und siebte Teil der Sammlung ausschließlich Choralbearbeitungen enthält. Schon der Titel verweist auf die zu erwartende Gattung: „Dritter Theil Teutscher Geistlicher Concerten &c. darinnen eitel Kirchen=Psalmen und Lieder enthalten sind…“ Dieser Teil ist mit seinen 74 Titeln auf über 700 Seiten des dritten Tabulaturbandes der umfangreichste der Sammlung und nimmt alleine etwa ein Drittel des gesamten Umfangs der Opera omnia ein.
Philipp Nicolais „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ hebt sich mit seiner reichen mystischen Bildersprache von den Liedern der gesamten Sammlung deutlich ab. Möglicherweise wurde es von Philipp Nicolai selbst während seiner Amtszeit an St. Katharinen (1601–1608) in Hamburg eingeführt. 1604 wurde es ins „Melodeyen Gesangbuch Darinn D. Luthers und ander Christen gebreuchlichsten Gesenge“ aufgenommen. Es erfreute sich seitdem größter Beliebtheit.