Antonio Scandello wurde 1517 in Bergamo geboren und starb 1580 in Dresden. 1549 trat er als Instrumentalist in die Dienste des Kurfürsten Moritz von Sachsen und wurde so Mitglied der im Jahr zuvor gegründeten Hofkapelle zu Dresden. Ab 1566 amtierte Scandello unter Matthæus LeMaistre als Vizekapellmeister. 1568 übernahm er von LeMaistre die Leitung der Hofkapelle. Nachdem Kurfürst Moritz 1553 in der Schlacht bei Sievershausen gefallen war, verfasste Scandello nach einer eigenen, heute verschollenen Motettenvorlage auf ein Epitaph des Chemnitzer Gelehrten Georg Fabricius eine sechsstimmige Parodiemesse auf den Tod des Kurfürsten. Von dieser Messe blieb eine Abschrift des Pirnaer Altisten und kurfürstlichen Kapellmusikers Moritz Bauerbach erhalten (Torgau 1562), die hier als Grundlage der Ausgabe dient.
Diese sogenannte Mauritius-Messe stellt einen Wendepunkt in der Entwicklung des Komponisten Scandello dar. Vor dieser recht umfangreichen Messkomposition hatte er lediglich einige lateinische Motetten komponiert. Das Werk basiert weitgehend auf einem kurzen, nur 2½ Mensuren umfassenden, aufsteigenden Kleinterzmotiv mit nachfolgend absteigender Sekund-Skala. Seine Verwendung in fast allen Sätzen und seine phantasievolle Verarbeitung zeugen von der besonderen kontrapunktischen Meisterschaft Scandellos. Das Werk ist überwiegend sechsstimmig, einige Abschnitte, z. B. im Credo, nur drei- bzw. vierstimmig. Das siebenstimmige Agnus Dei II stellt zweifellos den Höhepunkt der Messe dar.
(aus dem Vorwort von Helmut Brook)